
Das Pionier-Modell aus Physician Assistants bzw. Nurses kombiniert mit Technologie und unter Leitung und Aufsicht durch Ärzt:innen könnte eine Lösung für die patientennahe Versorgung in ländlichen Regionen sein.
Heidelberg, 30. August 2023: Hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen durch den Einsatz von Physician Assistants (PAs) bzw. Nurses und smarter Technologie patientennah gestalten. Das Startup Lillian Care leistet mit seinem Ansatz Pionierarbeit. Erfolgreiche Pionierarbeit hinsichtlich Tragfähigkeit, digitaler Unterstützung der Behandlungspfade und Patientenakzeptanz, wie jetzt die durchgeführte Feldstudie in NRW zeigte. Lillian Care könnte damit zur Lösung eines der großen Versorgungsprobleme in Zeiten des demographischen Wandels beitragen: der medizinischen Unterversorgung strukturschwacher Regionen.
Weite Anfahrtswege, lange Wartezeiten, gestresste MFAs und überlastete Ärzt:innen gehören zur Realität der hausärztlichen Versorgung auf dem Land. Die bisherigen Versuche von Kommunen, KVen und alternden Hausärzt:innen, dem dortigen Praxenschwund etwas entgegenzusetzen, scheiterten allesamt oder funktionierten nur in Einzelfällen. Dabei drängt die Zeit. Schon heute sind über 4.100 Arztpraxen nicht besetzt, 2035 sollen es laut einer Studie der Robert-Bosch-Stiftung sogar über 11.000 Praxen sein. Fast 40 Prozent der Landkreise werden dadurch von medizinischer Unterversorgung bedroht oder betroffen sein.
Dreiklang aus PAS bzw. Nurses – Technologien – Ärzt:innen
Lillian Care hat auf Basis interprofessioneller Aufgabenteilung und moderner Technologien ein Praxis-Konzept entwickelt, um im Schulterschluss mit Kommunen und KVen Vorort-Praxen für die hausärztliche Versorgung zu betreiben – unabhängig vom Wohnort der behandelnden Ärzt:innen. Im Mittelpunkt steht die Rolle von PAs und Nurses, die ihrer Ausbildung entsprechend mehr Behandlungsverantwortung und eigene Gestaltungsspielräume erhalten. Die (telemedizinische) Supervision im Rahmen der zugelassenen ärztlichen Delegation stellt die ärztliche Behandlung sicher. Zusätzlich zur hybriden Versorgung werden auch ärztliche Sprechzeiten vor Ort angeboten. Vorbereitet und begleitet wird die Behandlung mithilfe einer verbindlichen Patienten-App, die eine wichtige Lotsenfunktion hat. Dabei stellt Lillian Care den angestellten Ärzt:innen vor Ort die Praxisräume, Infrastruktur, Technologie und ein qualifiziertes Team zur Verfügung.
Bagatellfälle bis komplexe Behandlungen erfolgreich gemeistert
In dem kürzlich beendeten Praxistest wurden die hybriden Behandlungspfade inkl. des technischen Setups getestet und wichtige Daten für die finale Entwicklung der App zur Patientensteuerung und intelligenten Terminvergabe gesammelt. Die Ergebnisse zeigen, dass die hybride Versorgung gut angenommen wird und vor allem die medizinische Qualität der Behandlung von Bagatellfällen bis zu komplexen Behandlungen sicherstellt.
„Der erfolgreiche Feldtest ist ein wichtiger Meilenstein für Lillian Care. Der erste Baustein für unser bundesweites Netzwerk an Gesundheitseinrichtungen, die wir gemeinsam mit den Kommunen realisieren“, zeigt sich Linus Drop, CEO und Co-Founder von Lillian Care, zuversichtlich.
„Unser Augenmerk lag auf der Praxistauglichkeit der vorgegebenen Behandlungspfade und natürlich auf der Akzeptanz dieses neuen Settings bei unseren Patient:innen. Beides erfüllte unsere Erwartungen“, resümiert Hausarzt Wolfgang Gerlach-Reinholz. Danach lag die Behandlungszeit pro Fall bei ca. 10 – 15 Minuten plus weiterer 5 Minuten für die Supervision. Während der Testzeit kam es darüber hinaus vereinzelt zu Warnhinweisen, die frühzeitig Hinweise auf einen potenziell gefährlichen Verlauf anzeigten. Diagnostik und Behandlung wurden bei diesen sogenannten Red Flags unter unmittelbarer und direkter Einbeziehung des Arztes zu Ende geführt. Alle Patient:innen wurden im Nachgang im Rahmen einer Supervision im Team besprochen. Von den Patient:innen gab es durchweg positive Rückmeldungen zu der für sie zunächst ungewohnten Behandlungsform.
Innovatives Versorgungskonzept für pulsschwache Gebiete
Auch Dr. Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., und Mitglied des Expertenbeirats von Lillian Care, erkennt im Gesamtkonzept eine aussichtsreiche Situation: „Wenn es gelingt, das Potenzial der PAs und Nurses für die ambulante Versorgung besser zu nutzen, ist das ein Schlüssel dafür, die hausärztliche Versorgung in unterversorgten Regionen wiederherzustellen und Wege für eine verbesserte Versorgung zu eröffnen.“ Darüber hinaus birgt das Modell positive Anreize für die professionelle Weiterentwicklung der Pflegeberufe und befreit von administrativen Vorgaben.
Vorteile durch New Work und Digitalisierung
In Ländern wie etwa Finnland oder Kanada ist diese Art der Versorgung seit Jahrzehnten geübte Praxis. „Die interprofessionelle Zusammenarbeit von Ärzt:innen und Nurses bzw. PAs, unterstützt durch den sinnvollen Einsatz von Technologie, ist in diesen Flächenländern der Schlüssel für einen zielgerichteten Ressourceneinsatz im Sinne einer patientenzentrierten, wohnortnahen Versorgung“, fasst Dr. Florian Fuhrmann, Chief Technology Officer und Co- Founder, das Lillian-Model zusammen. „Wir freuen uns sehr über das hohe Interesse, in einer unserer Praxen zu arbeiten und damit Pionierarbeit in der hausärztlichen Versorgung zu leisten.“
Bei Lillian Care sind Ärzt:innen angestellt tätig. Das Unternehmen übernimmt Aufgaben wie Abrechnung, Praxismarketing, IT- und Personalmanagement; dabei trägt es auch das Risiko in den Bereichen Immobilie, Investition, Personal und ermöglicht den Ärzt:innen überdurchschnittliche Verdienstmöglichkeiten.
Über Lillian Care:
Lillian Care bringt die wachsenden Herausforderungen in medizinisch unterversorgten Regionen mit den besonderen Anforderungen moderner HealthcareProfessionals zusammen. Das Unternehmen wurde von Linus Drop, Dr. Florian Fuhrmann und Markus Liesmann gegründet. Mit ihrer langjährigen Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen des deutschen und internationalen Gesundheitswesens wollen sie die hausärztliche Versorgung wieder zu einem attraktiven, modernen und patientennahen Berufsfeld machen und damit in Regionen vordringen, die schon lange um ärztlichen Beistand kämpfen.
Ein Expertenbeirat um Ulrich Weigeldt, Ehrenvorsitzender des Hausarztverbandes, Dr. Bernadette Klapper und Prof. Dr. Volker Amelung und Bjoern von Siemens als Leadinvestor begleiten das Gründerteam bei der Herausforderung, den ländlichen Raum vor der medizinischen Verödung zu bewahren.
Der Name Lillian Care ist inspiriert von Lillian Wald, die als Gründerin der amerikanischen Gemeindepflege gilt. Sie arbeitete nicht nur unermüdlich als Krankenschwester in den Armenvierteln von New York City, sondern gründete auch eine Nurse-Organisation. Ihr Ziel war es, allen Menschen eine gleichwertige medizinische Versorgung zu bieten. Mit ihrer anpackenden und problemlösungsorientierten Art hatte sie großen Einfluss auf die Entwicklung des öffentlichen Gesundheitswesens.